Selbstverantwortung statt Fremdverwaltung
Von Michael Trapp
Es begann mit einem harmlosen Platzwunde – heute steht ein ganzes System zur Disposition: die Organisation der gesetzlichen Unfallversicherung als umlagenfinanziertes Monopol ist nicht mehr zeitgemäß! Flächendeckend breitet sich der vom GKV unterstützte Musterprozess in Deutschland aus. In fast allen Wirtschaftszweigen wehren sich Unternehmer gegen das bestehende Zwangssystem. Die Ablösung der bestehenden Pflichtversicherung in der Trägerschaft der Berufsgenossenschaften durch die Einführung einer Versicherungspflicht bei frei wählbaren privaten Unfallversicherungen ist das Gebot zur Gestaltung der Zukunft. Deutschland ist kein Obrigkeitsstaat bismarckscher Prägung mehr, berufsständische Gebietsmonopole stehen im Widerspruch zur einer auf Selbstverantwortung der Marktteilnehmer gegründeten sozialen Marktwirtschaft. Dass Hausbesitzer und Autofahrer ihre Haftpflicht- bzw. Feuerversicherung am Markt frei einkaufen können, Unternehmern diese Wahlfreiheit bei der Unfallversicherung jedoch verweigert wird, ist nur durch die Langlebigkeit überkommener, „bewährter“ Institutionen zu erklären. Unstreitig ist die gesellschaftliche Bedeutung der von den Berufsgenossenschaften wahrgenommenen Aufgaben: Versicherungsschutz der Arbeitnehmer, Ablösung der Unternehmerhaftpflicht, Rehabilitation und Prävention müssen in einer modernen Volkswirtschaft gewährleistet und geregelt sein. Die zwangsweise Zusammenführung dieser Aufgaben in weitgehend sich selbstkontrollierenden halbstaatlichen Monopolen behindert aber bereits im Ansatz eine effiziente und kundenorientierte Leistungserbringung. Wo der frische Wind des Wettbewerbs ausgesperrt bleibt, fehlt es am natürlichsten und wirkungsvollsten Kontrollinstrument unternehmerischen Handelns. Die Auswüchse des Nachlass-Zuschlags-Verfahrens der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie (BG Chemie) sind dafür ein anschauliches Beispiel. Dass bei einem Rückgang der Unfallzahlen um 75% seit 1950 deren Beiträge weitgehend stabil geblieben sind, die Beitragsbelastung je Arbeitsunfall sich folglich vervierfacht hat, spricht nicht für eine bewährte, sondern für eine überholte Institution. Wer den Wettbewerb so sehr fürchtet wie die Berufsgenossenschaften, hat abgrundtiefe Zweifel an seiner Überlebensfähigkeit ohne die schützende Hand des Monopols.
Unabhängig von ihrer fehlenden Effizienz leiden die
Berufsgenossenschaften gemeinsam mit den andern umlagenfinanzierten
Sozialversicherungen an den Folgen des demografischen Wandels. Je
länger der unabwendbare Umstieg auf eine kapitalgedeckte Finanzierung
hinaus geschoben wird, desto größer wird die von späteren Generationen
abzutragende Altlast sein. Wo die Notwendigkeit zum Umstieg in der
Finanzierung weitgehend unstreitig, die Ineffizienz und mangelnde
Kundenfreundlichkeit des bestehenden Systems für die betroffenen
Unternehmer mit den Händen zu greifen ist, sind die Argumente für eine
Privatisierung überwältigend – wären da nicht die Beharrungskräfte
eines überkommen, „bewährten“ Systems. |